Die Zahlen sind schön und beeindruckend: 2018 haben 5,5 Millionen Deutsche eine Radreise unternommen, 2017 waren es 4,3 Millionen. Im laufenden Jahr 2019 werden es, sofern das Wetter halbwegs mitspielt, noch mehr sein, wie eine große, jährliche Erhebung des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) vorhersagt – viele zum ersten Mal. Denkst du auch darüber nach? Es geht (fast) spontan, aber ein paar Dinge solltest du bedenken.
Radreise: Pauschal oder selbst organisiert?
Natürlich kann eine Radreise ganz unterschiedlich aussehen. Es gibt inzwischen etliche Anbieter für Pauschal-Radreisen, die Teilbereiche oder gleich alles für dich regeln: Unterkünfte, Gepäcktransport, Führung, Material. Hier musst du dich um buchstäblich nichts kümmern, außer um die Bezahlung.
Typischer und häufiger sind selbst organisierte Touren. Immerhin 20 Prozent der Rad-Touristen sind mit Zelt (und oft einem Gaskocher) unterwegs. Günstiger und naturnäher geht es kaum.
Sterntour oder Streckentour?
Noch eine wichtige Unterscheidung: Fast 30 Prozent der Radreisen werden mit festem Quartier und Tagesausflügen von dort geplant, als „Sterntour“. Das hat viele Vorteile, am wichtigsten vielleicht der gesparte Gepäcktransport. Keine 20 Kilo mitzuschleppen, fühlt sich befreiend an. Ob das etwas für dich ist, hängt wohl vom Temperament ab: Viele Radler fühlen sich unwohl dabei, wenn es zum Start zurück und nicht voran geht. Die wichtigsten Verkehrsregeln, um immer sicher unterwegs zu sein, haben wir dir separat zusammengefasst.
Wie schnell, wie weit? Das ist Formsache
Wenn du nicht gerade im Dauertraining bist: lieber nicht zu ehrgeizig planen. 100 Kilometer am Tag bei einem Schnitt von 15, das klingt auf dem Papier machbar. Bei Gegenwind und im Regen fühlt sich das vielleicht schon anders an. Und eine Gruppe ist so schnell wie der langsamste Teilnehmer. Also lieber kürzere Etappen. Wer mehr Kraft und Lust hat, kann Abstecher oder Zusatz-Ausflüge machen. Die durchschnittliche Tagesdistanz deutscher Radler laut ADFC-Erhebung beträgt 69 Kilometer. Das kann je nach Profil und Wetter schon eine stramme Leistung sein. Für alle, die nicht sehr sportlich (und entsprechend trainiert) unterwegs sind, hat sich eine Faustregel bewährt: nicht mehr als 5 bis 6 Stunden Fahrzeit pro Tag, und pro Woche ein oder zwei Ruhetage.
Die Orientierung: Karte oder GPS
Es gibt zwei Grundtypen: Der eine legt Route und Unterkünfte vorher genau fest, der andere fährt gern ins Blaue, lässt sich unterwegs inspirieren und improvisiert. Beides geht. Das zweite eher nicht in der Hochsaison in beliebten Gegenden. Was die Unterkunft angeht, schwören viele, dass sie auch ohne Reservierung immer etwas gefunden haben, im Gasthaus oder auf dem Campingplatz. Jedenfalls, so lange sie allein oder zu zweit waren. Aber besser nicht im Juli am Donau-Radweg.
Zum Navigieren unterwegs gibt es immer noch gedruckte Karten. Allerdings ist die digitale Infrastruktur für Radreisen derart ausgereift und tief, dass man Smartphones schon ernstlich hassen muss, um darauf zu verzichten. Die Tendenz geht weg von speziellen GPS-Geräten, hin zu Apps. In der jüngsten Umfrage liegt Komoot knapp vor Google Maps und GPSies. Vorsicht: Mit dem Eingewöhnen in eine der zahlreichen brauchbaren Apps solltest du eine Weile vor der Reise beginnen, sonst wird es unterwegs zeitraubend.
Das Material: Check dein Rad!
Angenommen, dein Reiserad – meist ein Touren- oder Trekkingrad – steht schon bereit: Natürlich solltest du die Bremsen prüfen, alles säubern und schmieren und richtig einstellen. Vielleicht ist jetzt die Gelegenheit, dein Gefährt einmal fachmännisch überprüfen zu lassen. Es gibt Arbeiten, die ein Profi einfach schneller und besser hinkriegt als der ambitionierte Amateur: ein kleineren Seitenschlag im Laufrad zentrieren, das Schaltwerk und die Lager exakt einstellen…
Welche Ersatzteile brauchst du unterwegs? Pumpe, Schlauch, Basiswerkzeug sowie Flickzeug, um deinen Fahrradreifen schnell und einfach selbst zu reparieren. Das Weitere hängt davon ab, wie weit es im Ernstfall bis zum nächsten Radladen ist. Auch in Deutschland gibt es schöne Landschaften, die dünn besiedelt und noch dünner mit Zweirad-Mechanikern gesegnet sind. Dann könnte es gut sein, zum Beispiel Ersatzzüge für Bremse und Schaltung dabeizuhaben.
Gepäck: ein neuralgisches Thema
Das Thema „Gepäck“ hat schon manche zweirädrige Reisegemeinschaft an die nervlichen Grenzen gebracht. Eine bewährte Methode: bereitlegen, was du mitnehmen möchtest, dann wiegen und aussortieren. Mehr als je zwei Taschen vorne und hinten plus eine kleine Lenkerstasche geht nicht. Jedes gesparte Pfund musst du nicht die Steigung hinaufschaffen. Erfahrene Tourplaner beschränken sich auf das allernötigste.
Es geht nicht nur um das reine Gewicht. Das Gepäck verändert das Fahrverhalten, du bist weniger wendig, der Bremsweg ist länger, der Schwerpunkt durch die Taschen nach unten verschoben. Ganz wichtig: auf eine gleichmäßige Verteilung der Lasten achten, sonst bekommst du Schlagseite, und es wird gefährlich.
Das Wetter: mit allem rechnen
Radler beschäftigen sich viel mit Wettervorhersagen, aus gutem Grund. Starker Gegenwind und Regen können einen sonst perfekten Tag, auch eine ganze Woche, zur Härteprüfung machen. Zwar gibt es funktionale Kleidung, und man ist „nicht aus Zucker“, aber manchmal ist eine flexible Reaktion die beste Lösung. Also ein Tag im Museum (oder sonstwo überdacht) statt auf der Straße.
Bei der Kleidung bewährt sich das Zwiebelschalenprinzip: mehrere Teile übereinander, die je nach Umständen an- oder ausgezogen werden. Funktionskleidung für Outdoor-Sportler ist nicht ganz billig, aber eine lohnende Investition. Von dünner Funktionsunterwäsche (Feuchtigkeitstransport!) bis zu einer Jacke aus wasserabweisendem, aber atmungsaktiven Material.